Feuer und Flamme für das Studium

Liebe, Feuer, Leidenschaft. Das Studentenleben ist ein Leben der Extreme. Jeder verliert mal die Kontrolle. Kontrollverlust. (Alb-)Traum, (Un-)Schuld.

Die Flammen wurden immer größer. Er sah sie sich schon im ganzen Wohnheim ausbreiten. Er rannte zum nächsten Feuerlöscher. Wie funktionieren DIESE DINGER EIGENTLICH? Heißes Plastik tropfte auf den mit Alkohol getränkten Boden. Gefangen vom Feuer brach Panik aus. Geweckt vom lauten Schreien der Rauchmelder stürmten sie aus ihren Zimmern. Einige sprangen aus dem Zweiten Stock. Andere versuchten zu klettern. Aber Tom bleibt wie gebannt mit dem Feuerlöscher mitten im Flur stehen. Sophies Tür öffnet sich. Sie starrte auf Tom hinter einer Wand aus Feuer. Sein Verlangen war außer Kontrolle geraten. Wilde Nächte voller Alkohol gepaart mit jugendlichen Leichtsinn, nur durchschnitten von ebenso extremen Lernphasen. Da kann sich schon einiges an Frust auf eine rebellische Seele aufladen. Eingezwängt in die Ordnung eines Studentenlebens bleibt nicht viel Spielraum aus ebendieser Ordnung auszubrechen, ohne seine zukünftigen Ziele oder die langen Nächte aufgeben zu müssen. Wir kennen die Geschichte dieses Zimmerschildes nicht. Aber wir erzählen sie trotzdem. So schlimm, wie er es sich ausgemalt hatte, wurde es nicht. Die Flamme wurde schnell wieder kleiner und es blieb ein hässlicher Brandfleck auf dem Schild zurück. Die Tür zum Flur ging auf und Sophie schaute ihn verdutzt an, wie er mit einem Feuerzeug vor ihrem verkokelten Zimmerschild stand. In diesem Moment war sich Tom nicht sicher, welches der beiden Szenarien das schrecklichere gewesen war. Ein Bild erzählt mehr, als man auf den ersten Blick sieht. Es ist ein Spiegelbild all derer, die es produziert haben. Es erzählt vom Frust des Brandstifters. Es erzählt von der Hausverwaltung, die einfach über den Schaden drüber streicht, ohne ihn zu korrigieren. Es erzählt von den Zuständen in Bildungseinrichtungen und wie wenig Mühe sich hierzulande im Bereich Bildung gemacht wird. Der Brandfleck verleiht dem sonst so zweidimensionalen Bild eine Haptik, die diese Missstände greifbar zu machen scheint. Auch das Design sagt laut und deutlich, dass hier seit Jahrzehnten nur das Nötigste gemacht wird. Wer kann den Bewohnern dieses Wohnheimes ihren Frust also schon übel nehmen? Zu warten war ihm immer schwer gefallen. Sekunden fühlten sich an wie Minuten. Minuten fühlten sich an wie Stunden. Warten fühlte sich an, wie versetzt zu werden. Die Hitze in seinem Innern musste irgendwie raus. Er vergewisserte sich zum wiederholten male, ob er auch wirklich vor dem richtigen Zimmer stand. Sein Blick blieb an der Zimmernummer heften, während er das Feuerzeug in seiner Hosentasche fühlte. Zum Glück verstand sie. Denn am Ende war ihre Liebe doch leichter entflammbar gewesen als Sophies Zimmerschild.